Schüler lernen Schreibschrift

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Warum lernen die Kinder in der Freien Schule Marburg noch Schreibschrift oder verbundene Schrift, wo diese heutzutage doch kaum mehr genutzt wird?

Die Kinder müssen die Schreibschrift nicht mehr lernen, sie wollen es aber häufig. Jedes Kind, welches es möchte, darf dies auch gern tun, denn es kann eine Bereicherung für jedes Kind sein.

Beim Erlernen der Schreibschrift setzen sich die Kinder noch mal neu und anders mit der Schriftsprache auseinandersetzen. Die Groß- und Kleinschreibung wird neu und das Wissen darum mit einer neuen Notwendigkeit wichtig und interessant, auch das Thema „Wortlücken“ taucht in der sogenannten verbundenen Schrift neu auf.

Die Kinder fühlen sich oft sehr groß und erfahren, wenn sie diese Art der Schrift erlernen, wo es doch bisher etwas war, dass sie für sich selbst zu schwierig fanden. Das Schriftbild verändert sich insgesamt (auch in der Druckschrift), weil die Hand anders gefordert und trainiert wird, die Schreibgeschwindigkeit erhöht sich. Die Kinder leihen sich gegenseitig unterschiedliche Stifte und Füller und sammeln Erfahrung mit Stifthaltungen, Handhaltungen (Links- und Rechtshänder) und Schreibdruck. Die Kinder sprechen untereinander nun viel über Buchstaben und Schrift und wechseln setzen sich damit auf einer anderen Ebene als sonst auseinander.

 

Reinhard Schwab, Landesvorsitzender des Hessischen Philologenverbandes aus Weyhers sagt der Fuldaer Zeitung dazu:

Die Handschrift ist Spiegel der Persönlichkeit, verändert sich mit ihr und offenbart die Individualität des Schreibers. Kinderschriften unterscheiden sich deshalb deutlich von Erwachsenenhandschriften. Schreiben mit der Hand ist eine grundlegende Kulturtechnik.

Eine gute Handschrift beruht auf feinmotorischen Fähigkeiten, die meist in der Lernphase eines intensiven Trainings bedürfen. Ihre Vernachlässigung wirkt sich negativ auf die Lernprozesse aus, wie die neurowissenschaftliche Forschung zeigt. Sorgfältiges Schreiben mit der Hand korrespondiert mit sorgfältigem Denken, es schult die Konzentration.

Beim Schreiben mit der Hand werden mehr Hirnregionen aktiviert als beim Tippen einzelner Buchstaben. Die Merkfähigkeit wird mit dem Nutzen der Verbundschrift deutlich verbessert.

Es geht heutzutage zwar nicht ohne das digitale Schreiben. Allerdings fördert der Hype um die digitalen Medien geradezu Nachlässigkeiten in den Bereichen sprachlicher Ausdruck und Rechtschreibung, greift damit unmerklich in das Sprachsystem negativ ein und leistet dem Verlust einer höheren Sprachkompetenz Vorschub.
Lehrkräfte sollten deshalb nachhaltig genug auch ein sauberes und lesbares Handschreiben einfordern, Schüler dadurch zur Konzentration führen und ihr Augenmerk auf gelingende Formulierungen und korrekte Grammatik lenken.
https://www.fuldaerzeitung.de/fulda/welttag-wirbt-rettung-handschrift-13660785.html

 

Eingefordert wird das bei uns natürlich nicht, es wird angeboten und gerne angenommen, was wir aus oben genannten Gründen begrüßen.

Wir bieten die Schulausgangsschrift (SAS) an, die wenig Schnörkel hat und von den drei Schreibschriftarten die es gibt der Druckschrift am nächsten liegt. Ziel ist, dass die Kinder im Laufe der Zeit gute feinmotorische Möglichkeiten haben, ihre eigene Handschrift zu entwickeln, ein Auge entwickeln für den Wert einer Schönheit von Schrift und die Schreibbewegungsrichtung richtig einüben um ökonomisch zu schreiben. Gerade für Letzteres sind die Kinder sehr offen (was sie in der Regel beim Erlernen der Druckschrift noch nicht sind, weil es „Irgendwie“ geht). Letztlich schreiben wir ja alle eine Mischung aus Druck- und verbundener Schrift und haben unsere Schrifterfahrungen darin verarbeitet.

Zudem hören wir aus weiterführenden Schulen schon mal LehrerInnen, die beklagen, dass die Kinder häufig Schwierigkeiten haben Tafelanschriebe zu lesen, weil diese von den LehrerInnen eben nicht in akkurater Druckschrift, sondern in Handschrift geschrieben werden. Dies ist kein Argument für das Erlernen der Schreibschrift, aber irgendwie doch ein kultureller Lückenschluss.